In den zwanziger Jahren wurde mit den Häusern in der Knutzbach die erste Bebauung im Waldtal vorgenommen. Damals schon wurden diese Häuser als Notwohnungen gebaut und boten überwiegend städtischen Arbeitern ein neues Zuhause. In einem Haus mit ca. 133 qm haben damals bis zu 5 Mietparteien gewohnt. in den Nachkriegsjahren haben sich im Waldtal die Schausteller angesiedelt. Sie lebten in ihren Wohnwagen überwiegend am Dachsbau.

In den 70er Jahren wurden im Zuge des städtischen „Entwicklungsprogrammes für den Stadtteil Waldtal“ eine Neubebauung am Rain sowie zahlreiche Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen. Eine Besonderheit stellt das nahe gelegene Studentendorf dar, das am Rand des Waldtals errichtet wurde.

Heute besteht ein Drittel des Wohungsbestands im Waldtal aus Wohneigentum. Den restlichen Wohnungsbestand teilen 3 Wohungsbaugesellschaften zwischen sich auf. Die Wohnungen „Am Rain“ gehören der GWH, die Wohnungen im „Ginseldorfer Weg“, der „Sankt-Martin-Straße“ und in anderen Straßen des Waldtals der GeWoBau sowie Wohnstadt. Die 32 Obdachlosenwohnungen sind im Besitz der GeWoBau.

Baulich und sozial gliedert sich das Waldtal in 3 Bereiche: In die Straßenzüge „Ginseldorfer Weg“ und „Sankt-Martin-Straße“, in denen vor allem ehemalige KrekelbewohnerInnen und Menschen mit niedrigem Einkommen leben, in den Bereich „Am Rain“ mit Familien aus dem alten Viertel sowie neu zugewanderten, vor allem russlanddeutschen Familien, sowie in die Straßenzüge „Waidmannsweg“, „Fuchspaß“ und „Dachsbau“, in denen alteingesessene Familien, sowie eher mittelschichtsorientierte Menschen leben.

Im Stadtteil leben laut Einwohnermeldedatei (1999) 1533 Menschen mit 1. oder 2. Wohnsitz. Die tatsächliche Einwohnerzahl liegt allerdings bedeutend höher, da viele der im Stadtteil lebenden Menschen nicht gemeldet sind. Der Bevölkerungsanteil der ausländischen Bevölkerung im Waldtal liegt bei 20% (Sozialbericht 1999). Im Waldtal leben Menschen mit circa 30 verschiedenen Nationalitäten. Eine größere Gruppe stellen die Sinti dar. Vor allem in den 90ern neu hinzugekommen sind die russlanddeutschen Zuwanderer.
Das Waldtal gehört mit zu den Stadtteilen in Marburg, die eine hohe Sozialhilfedichte aufweisen. Viele Menschen arbeiten im Saisongeschäft, wie die zahlreichen Schrotthändler und Schausteller oder auch in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die kaum zur eigenständigen Existenzsicherung ausreichen. Ein Großteil der Marburger Obdachlosen lebt im Waldtal.

Einer großer Teil der Bevölkerung des Stadtteils sind Kinder und Jugendliche. Viele von ihnen leben von ALG 2.

Die Bewohner des Waldtals sind in verschiedenen Vereinen aktiv. Zu nennen sind die Waldtalgemeinde, die Burschenschaft Waldtal und der örtliche Fußballclub 1. FC Waldtal. Der AKSB bietet soziale Dienstleistungen an und ist Träger der Kindertagesstätte „Die kleinen Strolche“. Die Elisabeth-Kirchengemeinde und die Kirchengemeinde St.-Peter-und-Paul sowie der Caritasverband sind Träger des St.-Martin-Haus, welches als ökumenisches Sozialzentrum mit Schwerpunkt Jugendarbeit im Waldtal angesiedelt ist. Das Missionshaus der Elisabeth-Gemeinde hält hauptsächlich Angebote für die älteren Bewohner des Stadtteils bereit. Das Waldtal liegt im Einzugsbereich der Geschwister-Scholl-Schule.

Das Waldtal ist ein Stadtteil, der für seine Bewohner drei wesentliche Vorzüge bietet: die Nähe zum Wald, der nicht vorhandene Durchgangsverkehr sowie eine gewachsene Nachbarschaft. Doch nach wie vor stellen sich an den Stadtteil und seine BewohnerInnen auch zahlreiche Anforderungen: die Integration von Zuwanderern, die Aktivierung von Nachbarschaftsaktivitäten, die Entwicklung von Zukunftsperspektiven für die BewohnerInnen in schwierigen Lebenssituationen, sowie die Weiterentwicklung der Infrastruktur des Stadtteils.